Millionen Schwarzseher: TV-Kabel schneller abklemmen
Ab 1. Juli 2024 müssen Kabelhaushalte wählen, ob sie nach wie vor Kabel-TV genießen wollen oder ihr Fernsehvergnügen über eine sonstige Möglichkeit erleben wollen. Zum Groll der Streaming-TV-Anbieter und der Deutschen Telekom bekommen von da an Millionen Haushalte gratis Kabelfernsehen.
In zahlreichen Miethaushalten wurde die Kabelanschluss-Gebühr über die Mietnebenkosten abgerechnet. Das ist ab 1. Juli 2024 gesetzlich nicht mehr erlaubt.
Sollte der Vermieter keinen Vertrag mit einem Kabelnetzbetreiber zur TV-Versorgung seiner Wohnungen vereinbart haben, muss der Mieter selber tätig werden und wählen: nach wie vor den Kabelanschluss verwenden oder etwa auf ein TV-Angebot übers Internet rüberzuwechseln.
Etliche Mieter haben diese Auswahl bis heute noch nicht getroffen. Sie empfangen momentan gratis Fernsehen über ihren Kabelanschluss und werden so, absichtlich oder nicht, ganz schnell zu Schwarzsehern.
Das betrübt alljene, die darauf vertraut haben, dass von den Kabel-TV-Haushalten nach Möglichkeit eine große Anzahl zu ihnen rübergeht, wie z.B. Zattoo, Telekom, MagentaTV oder die Exaring AG, Inhaberin von waipu.tv.
“3 bis 5 Millionen Haushalte gucken schwarz“
Die Streaming–Anbieter ordneten auf den Medientagen München ein, dass die Menge der Haushhalte, die sich für Internet-TV ausgesprochen hat, größer hätte ausfallen können.
Dazu erwähnte Constanze Gillies, General Manager Direct-to-Consumer bei Zattoo, eine neue hausinterne Untersuchung, nach der ein Drittel der entsprechenden Haushalte weiterhin Kabelanschluss nutzt und allein 17 Prozent die Methode zum Fernsehen ausgetauscht hätte.
„Der Preiswettbewerb war dramatischer als vermutet“, so Gillies. Des Weiteren geht es um eine ältere Zielgruppe. „Mieter mögen keine Neueinführungen“, erkärte Nicole Offergeld, Head of Content & Platform Entertainment bei Vodafone.
Exaring-Vorstand Markus Härtenstein betonte dagegen, dass man andere Zielgruppen hinzugewonnen habe. „Im Kundendienst haben wir des Öfteren die Frage gestellt bekommen, ob man für unser Produkt tatsächlich eine Internetverbindung braucht“, sagte Härtenstein auf den Medientagen. Das sei ein Beweis dafür, dass sich Menschen, die nicht so internetbegeistert sind, für Angebote wie waipu.tv entscheiden.
Trotzdem: Wie Jörg Richartz, Telekom-Vice-President Vermarktung & Steuerung, auf den Medientagen sagte, gäbe es momentan zwischen 3 und 5 Mio. Haushalte, die Kabelfernsehen schwarzsehen, soll heißen: gratis bekommen.
Den Betreibern der Kabelnetze lastet Richartz an, sie würden blockieren, dass diese Haushalte eine Entscheidung fällen.
Härtenstein stimmte dem zu: „Es genügt nicht, zwei PR- oder Marketing-Stories auszurichten.“ Beide verlangten, dass Schwarzseher nun mit aller Entschlossenheit abgeklemmt werden müssten.
Anstelle dem Mieter zuerst ein TV-Angebot zu machen und ihn danach abzuschalten, wenn er es nicht verwenden möchte, empfahl Richartz den Kabelnetzbetreibern, zuerst den Haushalt abzuklemmen und ihm danach das TV-Produkt anzupreisen.
Wohnungswirtschaft reagierte spät
Vodafone–Managerin Offergeld erklärte indessen, dass man sich auf jeden Fall anstrenge, die Schwarzseher abzuklemmen.
„Wir sind nicht daran interessiert, unser TV-Produkt gratis anzupreisen“, sagte sie. Man müsse dennoch beachten, dass die Kabelnetzbetreiber bis zum Endtermin 1. Juli zur TV-Versorgung gesetzlich aufgefordert waren und man erst anschließend mit dem Abklemmen anfangen konnte. „Vorweg etwas machen zu können, ist unrealistisch“, erklärte Offergeld
Stephan Kalleder, Senior Director Products and Growth von Tele Columbus, erklärte dazu, dass sich zahlreiche Wohnungsunternehmen erst spät entschieden haben, wie sie mit der TV–Versorgung ab dem 1. Juli 2024 weitermachen sollten.
„Da prasselten zum 1. Juli eine Menge Aufgaben auf uns ein“, so Kalleder auf den Medientagen. Er betonte, dass für die Abklemmung auch entsprechende Hilfsmittel gebraucht würden. „Wir sortieren aus und klemmen ab“, betonte Kalleder seine Bestrebungen.
Er vermutet, dass es bis Ende 2025 dauern werde, bis alle Schwarzseher für ihren TV-Empfang am Ende auch bezahlen. Vodafone-Managerin Offergeld wollte kein Datum nennen.
Auf den Medientagen München wurde erkennbar, wie heftig verschiedene Marktteilnehmer zusammenwirken. Tatsache ist dagegen auch: Die Streaming-Plattformen Joyn und RTL+ werden nicht Hand in Hand arbeiten.
(Mit Angaben www.teltarif.de/25.10.2024)